Verdachtsberichterstattung: activelaw erfolgreich für den Tierschutz

Die Kanzlei activelaw hat sich für eine Tierschutzorganisation erfolgreich vor dem Oberlandesgericht Stuttgart gegen das Verbot einer identifizierenden Berichterstattung zur Wehr gesetzt. Ein Kaninchenzuchtbetrieb und dessen Inhaber hatten es der Organisation mittels einstweiliger Verfügung des Landgerichts Ellwangen (Jagst) vom 29. März 2023 untersagen lassen, weiterhin einen Artikel zu verbreiten, in dem unter Nennung von Namen und Ort über Investigativ-Aufnahmen aus dem Betrieb berichtet wurde.

(Symbolfoto)

Die Kanzlei activelaw hat sich für eine Tierschutzorganisation erfolgreich vor dem Oberlandesgericht Stuttgart gegen das Verbot einer identifizierenden Berichterstattung zur Wehr gesetzt. Ein Kaninchenzuchtbetrieb und dessen Inhaber hatten es der Organisation mittels einstweiliger Verfügung des Landgerichts Ellwangen (Jagst) vom 29. März 2023 untersagen lassen, weiterhin einen Artikel zu verbreiten, in dem unter Nennung von Namen und Ort über Investigativ-Aufnahmen aus dem Betrieb berichtet wurde. Auf den Aufnahmen war unter anderem zu sehen, dass Mitarbeiter des Betriebs Kaninchen in hohem Bogen auf den Boden und mit einer Eisenstange geschlagen hatten. Kaninchen, die diese Prozedur überlebten, wurden teilweise über längere Zeit liegen gelassen, obwohl es bei ihnen noch Anzeichen von Bewusstsein gab.

Das Oberlandesgericht Stuttgart hat die einstweilige Verfügung auf Antrag von activelaw mit Urteil vom 30.08.2023 (Az. 4 U 54/23) aufgehoben. Das Gericht führte dabei unter anderem aus, dass

„der Berichterstattung ein erheblicher Informationswert zukomme, denn es bestehe ein hohes, wenn nicht gar überragendes öffentliches Informationsinteresse an der Aufdeckung von Missständen im Zusammenhang mit der Tierhaltung. Dies zeige sich auch daran, dass in Art. 20a GG der Schutz von Tieren als Staatsziel definiert worden sei. Die unstreitig – illegal – im Betrieb der Klägerin Ziffer 1 gefertigten Aufnahmen deckten erhebliche und schockierende Missstände im Betrieb der Klägerin Ziffer 1 auf, denn die gefertigten Aufnahmen dokumentierten tote, kranke und verletzte Tiere, Tötungen von Mitarbeitern durch auf den Boden schlagen, Tötungen mit einer Eisenstange, wobei die Tiere dann längere Zeit liegen gelassen worden seien, obwohl sie noch lebten.“

und weiter,

„Die Filmaufnahmen zeigen schockierende Bilder, die man als Verbraucher nicht sehen will, deren Verbreitung aber erforderlich sind, um die Öffentlichkeit aufzurütteln und einen verantwortungsvollen Umgang mit Tieren – seien es Nutz- oder Versuchstiere – zu erreichen. Wenn es in ihren Betrieben zu derart erheblichen Missständen kommt, müssen es Betreiber wegen des daran bestehenden erheblichen Interesses und der damit angestoßenen Diskurse hinnehmen, wenn darüber – auch unter Namensnennung – in der Öffentlichkeit berichtet und diskutiert wird.“

Rechtsanwalt Dr. Sven Dierkeserklärt dazu:

„Die Entscheidung des Oberlandesgerichts ist erfreulich. Dies insbesondere vor dem Hintergrund des Trends einiger Landgerichte, kritische Berichterstattung unter Heranziehung zweifelhafter Erwägungen unter Verkennung des Rechts der freien Meinungsäußerung aus Art. 5 GG zu verbieten. Negative Beispiele dieses Trends waren zuletzt einige im Fall Till Lindemann durch das Landgericht Hamburg ausgesprochene Entscheidungen und auch das hier in Frage stehende Urteil des Landgerichts Ellwangen. Dieses hatte die Berichterstattung der Tierschutzorganisation verboten, obgleich die Berichterstattung auf überzeugenden Recherchen beruhte, die Standpunkte des Betreibers berücksichtigte und klar zum Ausdruck kam, dass man mit dem Bericht niemanden vorverurteilen und auch keinen rechtsstaatlichen Verfahren vorgreifen wollte.

Selbstverständlich ist eine identifizierende Berichterstattung über Missstände in Unternehmen stets ein besonders schwerwiegender Eingriff und kann im schlechtesten Fall auch dazu führen, dass diese in ihrer Existenz gefährdet werden. Sie darf daher nicht leichtfertig erfolgen. Wer am Geschäftsleben teilnimmt, kann es indes nicht erwarten, dass nur positiv über ihn berichtet wird und berechtigte Kritik ist vor allem dann effektiv, wenn sie auch Ross und Reiter nennen darf. Im Rahmen der gebotenen Interessenabwägung zwischen dem Schutz des Unternehmens auf der einen Seite und dem Recht auf freie Meinungsäußerung und Pressefreiheit auf der anderen Seite, war es hier daher nur folgerichtig, dass das Oberlandesgericht das Verbot der identifizierenden Berichterstattung aufgehoben hat.“

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